
Da saß ich gestern auf der Couch, und noch bevor ich mir ein paar Gläschen Eierlikör einpfeifen konnte, und meine Aufmerksamkeit ganz und gar den Urlaubsschilderungen widmen konnte, wurde ich übel erwischt. Streifschuss.
Lasst mich ruhig hier liegen, kümmert euch nicht um mich, Hauptsache, ihr zwei erreicht die Stadt. Vielleicht kann ich noch einen von den Schurken zur Strecke bringen. Grüßt meine Frau,sagt ihr dass ich sie nur des Geldes wegen geheiratet habe. Und schickt den Jungen wenigstens fünf Jahre in die Schule, dann kann er immer noch in den Wilen Westen gehen.Denn bevor Adina und Volkmar in ihren Vorträgen höchst unterschiedliche Sachverhalte zur Sprache brachten (Adina war mit ihrer 80-jährigen Oma in einem dreiwöchigen Schicki-Micki-all-inclusive-wir wollen-ein-besseres Hotelzimmer-Urlaub, der fast zu einhundert Prozent von der rüstigen Seniorin finanziert wurde, die sich einmal fast verlief, einmal fast ertrank, bevor sie ein kleinwüchsiger David Hasselhoff-Verschnitt aus dem tosenden Meer retttete, und einmal machte nur die wohlschmeckende Reiseapotheke (Alkohol?) ihren heroischen Kampf gegen die hartnäckige Lebensmittelvergiftung zu einer beiläufig erwähnten Begebenheit ihres dreiwöchigen Vietnam-Aufenthalts; das eingentlich fatale: sie wusste nicht immer, wo sie war, was sie aber nicht davon abhielt, mit dem ein oder anderen Senioren herumzuschäkern; Volki hingegen versuchte die Anwesenden von seinem sechsmonatigen Arbeitseinsatz in England mit möglichst nichtssagenden Bildern zu langweilen, die er in rasantem Stakkato über den Bildschirm jagte.
Ich fahre trotzdem nach England.),
musste ich einen emotionalen Ententanz hinlegen, der mich schier aus der Bahn warf.
Dabei begann alles ganz harmlos: Die Frage von Juliane konnte ich noch parieren
("Ja, ja, ich hab so´n Blog, ich schreib da so vor mich hin, liest keiner sonst"), dann brach ein Orkan von der Stärke eines unterirdischen nordkoreanischen Atombombentests über mich herein. Tobias leitete das Beben ganz sanft ein:
"Ja ja, das sind so zwanzig Sachen, da muss man sich so einlesen." Da hätte ich schon mal stutzig werden können, da auf meinem deutschsprachigen Anhalter-Blog nicht mehr als fünf Geschichten stehen. Aber anstatt zu stutzen, kurbelte ich mich elegant in den Untergang:
"Und, Tobi, wie fandest du deine Geschichte?" hielt ich das Gespräch am laufen. Aber da Tobias zu diesem Zeitpunkt schon etwas von dem Portwein intus hatte, überging er meine Frage glatt.
"Ja, ja, die WM-Sachen fand ich ganz gut, auch die Sache mit der Badehose war okay." Da ist mir komplett die Steuerung aus der Hand gepurzelt. Ich wusste, dass er da Sachen sagt, die ich erlebt hatte, aber die er eigentlich gar nicht wissen konnte. Und als Volkmar dann auch noch fröhlich nachschenkte:
"Ja, ja, und dann ja noch das mittlere Bein der Hummel." , da hatte ich endgültig verloren. Ruhm, Ehre, Ansehen, Kollegialität, Verschwiegenheit. Meinen Namen.
Spätestens da wusste ich, dass die Sachen einmal komplett an mir vorbeigezogen waren. In einem Höllentempo, ein für alle Mal. Keine Chance zur Korrektur. Das war nicht mehr lustig, da hatten Leute in nem Blog gelesen, der erst ab März 2007 freigegeben werden sollte, was eigentlich gar nicht für sie bestimmt war. Zumindest jetzt nicht. Ich brauchte doch noch etwas Vorsprung. Das ist, als wenn man im Zahnarztstuhl sitzt, der Mund blutet, die Wirkung der Spritze lässt langsam nach, man freut sich, das Schlimmste überstanden zu haben, und noch einmal mit dem Leben und einem Stempel im Bonusheft davongekommen zu sein, und dann eröffnet einem die Zahnärztin, das es das noch NICHT gewesen ist.
"So, lieber Herr Eppelsheimer, dann wollen wir mal sehen, ob sie sich nicht nur den Mund ordentlich geputzt haben, sondern sich auch untenrum saubergemacht haben." Und der bange Blick des Patienten, der mit angstvollem Blick nur noch mehr Blut in den Ausguss würgt, wird an dieser Stelle nur allzu gern ignoriert.
"Herr Eppelsheimer, wie sie ja wissen, führt ihre Krankenkasse ja gerade die happy-untenrum-weeks durch, und da haben sie jetzt eine kostenlose Darmspiegelung gewonnen."Und da man in so einem Moment seine Freude nur sehr verhalten zeigen kann, hängt man nur noch apathisch im Stuhl. Da ist es einem auch komplett egal, ob man einen Schlauch schlucken muss oder die Schwester Erika mit fiesem Grisen den Riesen-Gummihandschuh überstreift.
Genauso habe ich mich am gestrigen Tag gefühlt. Gewiss, ich übertreibe etwas, aber mein Innerstes habe ich so unbewusst nach außen gekehrt. Nur weil diese Blogs irgendwie verlinkt sind. Das war kein schönes Gefühl. Nein, das war es nicht.