Wednesday, November 29, 2006

Nikita sagt

Jetzt weiß ich endlich, was ich am 13.11. ("Wie ich mal in die Disco ging") mit dem Begriff Russische Schule in Bezug auf meine Tanztechnik sagen wollte. Der Genosse Nikita Chruschtschow hat mir auf die Sprünge geholfen:

Dann begann Woroshilow zu tanzen, und wir schlossen uns alle an. Ich bewege meine Füße nicht, wenn ich tanze. Ich tanze wie eine Kuh auf dem Eis. Aber dennoch machte ich mit. Genauso hielt es Kaganowitsch. Er konnte auch nicht viel besser tanzen als ich. Bulgarin hatte offenbar in seiner Jugend manchmal getanzt. Er bemühte sich, irgendwie in einem russischen Rhythmus herumzustampfen.

Chruschtschow erinnert sich. Die amtlichen Memoiren. Hamburg 1992. S. 267.

Tuesday, November 28, 2006

Alex sagt

Da habe ich mal wieder ein Buch von Alexander Osang zur Hand genommen ("89. Helden-Geschichten"), um eine Geschichte über die Besetzung der MfS-Zentralen zu finden. Die gab es nicht, aber dafür jede Menge Stories über große und kleine Helden, über die wieder tolle Sätze zu lesen gibt, die die Lektüre lohnen und das Buch lesenswert machen. Da werden Politiker auf engem Raum mit einem Satz hinfortgespült und schaffen es einfach nicht mehr, unbeschadet an die Oberfläche zurückzukehren. Das ist aufschlußreicher als jede noch so spannende Bundestags-Debatte auf Phoenix.


"Wer läuft, schwitzt und wird ergo naß",
schreibt Fischer.
Besser kann man es nicht sagen. Sein Buch hätte in einen Glückskeks gepasst. (...) Der Inhalt ist schnell erzählt. Erst war ich dick, dann war ich dünn. Dünn ist
besser. Wer Marius Müller-Westernhagens Song "Dicke" kennt, braucht das Buch
nicht mehr."

"Sie hat irgendetwas gesagt. O-Töne. Die Antworten kann man vergessen. (...) Nach einem Interview mit Angela Merkel kann man seinen
Notizblock verbrennen. Sie sagt nichts, sie tut nur so. Auf den
Pressekonferenzen klammert sie sich an ihre Begriffe wie an Rettungsringe. "

"Gysi muss immer mehr tun als die anderen Kandidaten, besser sein, witziger; Wowereit sitzt nur da wie ein dicker Kater und wartet, daß sich
die anderen um Kopf und Kragen reden. Weil er gute Anzüge und einen modernen
Haarschnitt trägt, vergißt man schnell, daß er jahrelang
Finanzpolitik in Berlin gemacht."

Saturday, November 25, 2006

Plusquampräsens

Bis 3:30 Uhr habe ich mich heute bei Dussmann in der Couch gelümmelt, mit Keksen die teure Auslegware verunstaltet und in ein paar Bücher reingeschaut. Zu meiner Überraschung traf ich zwei Freunde: der eine machte Erledigungen und war im Begriff, den Laden zu verlassen, der andere kam von einer James-Bond-Filmvorführung und war begeistert. Und ein bißchen betrunken. Das machte die Zunge schwer, aber ich habe ihn verstehen können.

JA, was mich überraschte, war die Tatsache, dass ab 24 Uhr richtige Buchhändler im Laden standen, also doch keine Wachmänner, die nochmal fix vorher über Buchpreisbindung und Schießbefehl hätten aufgeklärt werden müssen. Ich war, gerade, als der Morgen anbrach, einer von wenigen Kunden, die es sich gemütlich gemacht hatten. Da empfindet man dann gleich jedes noch so leise Gespräch als störend. Ich saß in der Nähe der Globen, unter denen es einen gab, der nach Berühren eines Landes oder seiner Hauptstadt eine Kerninformation zum Land mit einer verzerrten Computerstimme zum besten gab. Das war natürlich lustig, und so haben sich die drei Freunde beäumelt vor Lachen, was es da für lustige Sitte in fremden Ländern gab. Aber auch sie gingen irgendwann und es kehrte wieder Ruhe ein.

Ich habe in erster Linie so populärwissenschaftliches Geschichtszeug gelesen: Was wäre gewesen, wenn Hitlers Selbstmord verhindert worden wäre, wenn die Atombomben auf Japan nicht geworfen worden wären, und wenn Lenin nicht im deutschen Plombenwagen rechtzeitig aus dem Exil zur Revolution in Russland eingetroffen wäre. Aber auch so wissenschaftlichere Untersuchungen: die Propaganda um den erfundenen Hufeisenplan im Jugsoslawien-Krieg mit den Protagonisten Scharping und Fischer.

Am besten aber hat mir die Colorado-Käfer-Geschichte gefallen: Im Jahr 1950 gab es in der DDR eine unvorstellbare Kartoffelkäferplage; und da die Bauern am Himmel Flugzeuge gesehen hatten, wurden schnell die Amis des Einsatzes von biologischen Waffen- in diesem Fall: Kartoffelkäfern - bezichtigt. Da wurden dann entsprechend der Losung "Sei ein Kämpfer, sei kein Schläfer, acht´ auf den Kartoffelkäfer!" zehntausende Kartoffelkäfer von den Feldern abgesammelt, es kam zum Wiederaufbau des "Kartoffelkäfer-Abwehrdienstes" (KAD) und DR. Martin Schwartz durfte sich mit dem Titel "Generalbevollmächtigter für die Bekämpfung des Kartoffelkäfers" schmücken. Leider hat die DDR da ein bißchen übertrieben und an dem Feindvorwurf ist nichts dran gewesen.

Na ja, und zu guter Letzt hat Günter Gaus in seinen Memoiren einen lustigen Neologismus gebildet: Plusquampräsens. Da er ja zum Ende seines Lebens, wie andere alte Menschen auch, krank und alt mitbekam, dass ihm die Zeit davonlief, dann aber bemerkte, dass er plötzlich eine Zeiteiheit dazubekam, die mit ihm wanderte (Langzeitgedächtnis?), fand er dafür den Begriff Plusquampräsens. Leider habe ich seine spannenden Memoiren aus der Hand gelegt, da ich um drei Uhr morgens doch leichte Ermüdungserscheinungen spürte, ehe ich mich in die Musik-Abteilung begab.

Aber allein wegen der Amikäfer und des Plusquampräsenz hat sich der Besuch zu ungewohnter Uhrzeit am Samstagmorgen im Kulturkaufhaus gelohnt. In meinem nächsten Leben möchte ich auch als Generalbevollmächtigter für die Bekämpfung des Kartoffelkäfers wiedergeboren werden.

Wednesday, November 22, 2006

Stepan und Mama

3. November
Eigentlich hatte ich vor, über vieles und viel zu schreiben. Doch Mama verdarb mir die Stimmung. Fast wäre ich explodiert. Hat sie doch mein TAgebuchheft mit zur Schule genommen.! Um das Heft ist es mir natürlich nicht schade. Aber die Sache ist die: Die Eintragungen im TAgebuch, das ist der Spiegel meiner Seele. Hier hinein schreibe ich nicht nur, was ich tue, sondern auch, was ich denke, manchmal auch Sachen, über die man keinen Mucks sagen dürfte. Wenn das irgend jemandem in die Pfoten gerät, wird mir was blühen. Ein Tagebuch - das ist die Kehrseite des Menschen. Lieber stich mich aber lies nicht meine bescheidenen Aufzeichnungen. Wer auch immer du bist. Ohne jede Ausnahme. Jetzt, wo ich darüber nachdenke, tut es mir leid wegen Mama. Ich war grob, aufbrausend. War wohl etwas meine Schuld.

(Stepan Filippovič Podlubnyj: Tagebuch aus Moskau 1931 - 1939, (Hrsg. Hellbeck), München 1996, S.99)

Tuesday, November 21, 2006

Liest du noch oder schläfst du schon?


Am Freitag gab es bei Dussmann die große: "Hurra, wir haben die Ladenschlußzeiten beerdigt"-Party. Zukünftigt ist das Kulturkaufhaus unter der Woche bis Mitternacht geöffnet, und in der Nacht von Freitag zu Samstag wird gar nicht mehr zugemacht. Da sollen dann so finstere Wachschutzleute im Laden sein, die diejenigen, die es sich zwischen Esoterik und Philosophie bequem gemacht haben, aus dem Geschäft rausschmeißen oder gleich auf der Stelle erschießen.

Leider ereignete sich am Freitag, als der Laden von Presse- und Medienvertretern nur so wimmelte, eine kleine lustige Panne. Gerade als Peter Dussmann, weltweiter Unternehmer und Preisdrücker par excellence, seine große Rede artikulierte, kam es vom Tonband: Dear customers, it´s quarter to ten. our shop is about to close in 15 minutes. Please finish your ...". Dann riss jemand das Kabel aus der Steckdose und die Killerparty konnte weitergehen.

War gestern bei Dussmann. Unglaublich: Alle Mitarbeiter müssen so peinliche "Dussmann killt den Ladenschluss"-Buttons tragen, im Erdgeschoss bedankt sich der Chef auf so farbigen DIN A3-Aufstellern beim Senat, dass endlich die Ladenschlusszeiten gefallen sind, nicht ohne natürlich seinen Anteil an dieser Entwicklung noch einmal ausdrücklich zu unterstreichen.

Für mich ist es perfekt: Ich kann nach der Uni nochmal was nachlesen, oder auch am Freitag in den Neuerscheinungen blättern; für die Mitarbeiter ist es die Hölle. Sowieso schon unter Tarif bezahlt, wird jetzt wahrscheinlich auch am Sonntag gerüttelt, das Klima soll nicht das beste sein. Wer arbeitet schon gern bis Mitternacht? Zumindest gibt es Bestrebungen, einen Betriebsrat zu gründen, um dem unsozialen Treiben Einhalt zu gebieten.

Und wäre ich nicht nach London gefahren, dann hätte ich einen prima Einblick in die Dussmann´sche Preis- und Personalpolitik bekommen. Muss ja nicht sein ...

Monday, November 20, 2006

Wieder was gelernt


Die Wahrheiten dieser Welt versammeln sich in kleinen unscheinbaren Eintragungen. Da habe ich gestern seit langer Zeit mal wieder ein Italienischlehrbuch in die Hand genommen, und da heißt es tatsächlich:

Mi chiamo Rosa Di Gennaro. Abito in Via Santa Chiara a Napoli, la citta piu romantica del mondo!

Nun liest man derzeit allerhand Gegenteiliges über Italiens Süden und speziell den Sündenpfuhl Neapel. Und es ist erstaunlich, welche Parallelen sich immer wieder zwischen dem Mezzogiorno und den beiden deutschen Teilstaaten aufzeigen. Zwar gibt es in Dunkeldeutschland keine Mafia/Camorra, aber eben Arbeitslosigkeit, Depression und rechtsfreie Räume, die man allerorten zwischen Halle und Leipzig, Jena und Erfurt, Rostock und Schwerin bestaunen kann.

Samstagabend haben Marek und Karolina von ihrem siebentätigen Trip durch den Kaukasus erzählt. Ein kleines Abenteuer. The best adventure of our life. Na klar: Ist ja immer so, wenn man in eine vom Westen verteufelte Region fährt und plötzlich merkt, dass die Leute nett und doch nicht so unzivilisiert sind, wie es einem immer weisgemacht wird.

Da war von wilden Partys die Rede, die die ganze Nacht andauerten, von ständigen Einladungen wildfremder Menschen, und von einer wilden und unzähmbaren Natur, die man natürlich nur dort so vorfindet. Und es verschlug sie sogar nach Gori, wo Genosse Stalin ans Licht der Welt gezerrt wurde.

Nachdem die beiden polnischen Freunde sich dann in die Nacht verabschiedet hatten, um wer-weiß-was mit der angebrochenen Nacht anzufangen, zog ich mit Andrea weiter durch die Weltgeschichte. Ping-Pong-Klub zu voll, hier noch ein Bier, dort noch ein Tee, an Schicki-Micki-Partys in Mitte vorbei, das Brecht-Haus entdeckt und auch noch den Dorotheenstädtischen Friedhof. Jetzt weiß ich endlich, wo er liegt, die er die beherbergt, die mit großem Namen unter ihm liegen.

Berlin ist echt nen Spaziergang wert. Immer wieder.

Saturday, November 18, 2006

Der Countdown läuft



Seit gestern habe ich endlich wieder ein reales Ziel vor Augen. Da habe ich mich um halb acht fast vor der freitäglichen Schwimmeinheit gedrückt, hab mich dann doch in die Halle begeben, ein bißchen gelesen, ehe ich dann - unmotiviert wie immer - meine Schwimmausrüstung anlegte, und dann fragte mich Kathrin doch, ob ich nicht den Schwimm-Meisterschaften beiwohnen wolle.

Ich habe - bescheiden, wie ich nun einmal bin - darauf verwiesen, dass weitere Erfolge nach dem Erwerb des Kleinen Seepferdchens ausgeblieben sind und ich doch auch den Zeitplan nicht durcheinanderwirbeln will und doch nur zwei Wochen bis zum Wettkampf verbleiben, aber sie meinte nur, dass möglichst viele Sportler mitmachen sollen.

Das hat mich überzeugt: Da hab ich also erstmal halbherzig zugesagt. Im Wasser dann hab ich mir ausgemalt, wie ich meine Konkurrenten auf den langen Strecken eindrucksvoll abhänge. Aber gleichzeitig wurde mir auch bewusst, dass ich mich körperlich nicht in bester Form befand. Ich bin dann mal vier Bahnen durchgekrault, und ich muss sagen, ich hab durchgehalten. War jetzt nicht so optimal, weil ich danach längere Zeit für die Regeneration brauchte, aber ich dachte mir: Wer 100 Meter schafft, für den stellen auch 1500 kein Problem dar.

Und nicht zu vergessen: Wenn ich auch im Wasser nicht so geglänzt habe, wie ich mir das vielleicht selbst vorgestellt habe, immerhin habe ich eine kleine Erleuchtung nach dem Schwimmen gehabt: Es verhält sich nämlich so, dass die Badehose, ordentliches Auswringen vorausgesetzt, genau, also so was von genau, in die Behausung für die Schwimmbrille passt. Da kann man sogar den Reißverschluss zuziehen. Und hat keinen nassen Schwimmbeutel mehr.

Ich habe jetzt also genau zwei Wochen Zeit, mich auf die Wettkämpfe vorzubereiten. Also genau sechs Trainingseinheiten, um noch ein paar Kleinigkeiten zu verbessern: Startsprung erlernen, Rollwende verbessern, unter Wasser ausatmen, lange Distanzen schwimmen. Das klingt vielleicht auf den ersten Blick nach ner Menge Arbeit, aber das kriege ich schon hin.

Hoffe ich.

Thursday, November 16, 2006

One step beyond

Statt des DIN A0-Ausdruckes für meinen Weihnachtsmannauftritt in England musste ich mit DIN A3 zufrieden sein, der blöde Drucker an der Uni mag mich auch nicht und auch sonst geht alles drunter und drüber. Die Fundamente wackeln, das Haus steht noch.

Ist meine Glückssträhne schon beendet?

Wednesday, November 15, 2006

Es war unser Lied


Wenn die Soldaten durch die Stadt marschieren,
Öffnen die Mädchen Fenster und die Türen

Refrain:
Ei warum? Ei darum! Ei warum? Ei darum!
Ei bloß wegen dem Sching derassa, bumderassasa !

Zwei Farben Tücher, Schnauzbart und Sterne
Herzen und küssen die Mädchen so gerne
Refrain...

Ein Gläschen Rotwein und ein Stückchen Braten
Geben die Mädchen Ihren Soldaten
Refrain...

Wenn im Felde blitzen Bomben und Granaten,
Weinen die Mädchen um ihre Soldaten
Refrain ...

Wenn die Soldaten kehren in die Heimat,
Sind unsere Mädchen längst schon verheirat' .
Refrain ...

Wenn die Soldaten durch die Stadt marschieren,
Öffnen die Mädchen Fenster und die Türen
Refrain ...

Monday, November 13, 2006

Frischzellenkur



Seit sechs Tagen wohnen jetzt Vaiva und Austeja in meiner Wohnung. Entgegen meiner Meinung, dass Besucher nach vier Tagen die Behausung zu verlassen haben, haben sie diesen kritsichen Moment überstanden. In der Woche gab es eine einfache Abmachung: Sie haben einen Schlüssel für die Wohnung, da ich tagsüber eh an der Uni bin, und abends sehen wir uns und essen was zusammen. Da war ich ganz froh, dass sie auch am Wochenende da waren, und wir ein bißchen Zeit miteinander verbringen konnten. Denn: hospitaliy is more than just accomodation.

Ich bin echt dankbar, dass die beiden da sind: da werden viele Sachen ans Licht geholt, die mal interessant waren, und plötzlich wieder ans Tageslicht kamen: So hören wir sehr viel Doors, ich hab von den beiden Marlene Dietrich - Songs auf den Rechner gespielt bekommen, die wahrhaft großartig sind und die ich bis dahin nicht kannte. Gestern haben wir Kerouac beim Singen und dem Vorlesen von "On the Road" zugehört. Das hätte ich allein nie hinbekommen. Wir haben uns Gedichte von Bukowski vorgelesen, zusammen "Bomben und Granaten" von Marlene Dietrich gesungen und zusammen merkwürdige Geschenke lustig verpackt.

Dazu kommt, dass die beiden echt Glückskinder sind, die überall gute Laune verbreiten. Eine sehr extrovertiert (Austeja), die andere ein bißchen zurückhaltend und ironisch (Vaiva). Aber als Duo sind die beiden unschlagbar. Gestern, als wir auf die U-Bahn warteten, fingen sie an, über Modern Talking und den Lippenstift von Thomas Anders zu lästern, sangen all die Lieder, die sie als Clips auf "You Tube" gefunden hatten ("Geronimo´s Cadillac"!) und lachten nur noch mehr, als ich ihnen sagte, dass die beiden Musiker sich überhaupt nicht verstehen und nur aus Marketinggründen zusammenbleiben. "Ja ja, der gut aussehende mit dem Lippenstift hat gesungen, und der andere hat im Hintergrund Gitarre gespielt".

Natürlich war es ein bißchen schade, dass ich auf der Geburtstagsfeier wenig mit den anderen Leuten zu tun hatte, da sie sich an der englischsprachigen Konversation nicht beteiligen wollten. Ich hätte gern gehört, was André von seinem Chile-Urlaub zu berichten hatte, was Mike auf dem Klassentreffen für Erlebnisse hatte und was die anderen Freunde gerade so treiben. Aber das kann ich ja nachholen.

Morgen geht die Frischzellenkur zu Ende, wenn ich die beiden zum Flughafen bringe und sie wieder ins kalte Litauen zurückkehren. Gestern abend, nachdem wir aus der Hype-Gallery und vom BE zurückkehrten, sind wir, bevor wir durch den Mauerpark nach Hause liefen, noch an diesem lustigen Ping-Pong-Klub in der Eberswalder Straße gewesen, gingen aber nach einem kurzen Rundgang wieder, was uns den erstaunten Blick des Besitzers (?) einbrachte. Es war ein verdammt lustiges Wochenende!

Ich werde sie vermissen: Kein "Ja, ja, wunderbar", kein "Alexanderplatz"-Gekichere mehr.

Wie ich mal in die Disco ging


Man, ist das lange her. Seit Urzeiten bin ich mal wieder in so einem Tanzschuppen gewesen. Zuvor war ich mit Austeja und Vaiva bei Petra´s Geburtstagsfeier, und dann gings ab ins Tacheles. Da die Band, die vorher spielte, längst im Backstage-Bereich wilde Orgien feierte, ließ man uns für 3 € hinein. Jacke abgestreift, lockergemacht und dann auf die kleine Tanzfläche. Und dann ein bißchen tanzen, sich umschauen und in die Musik eintauchen. Jetzt weiß ich ein bißchen mehr Bescheid.

Der DJ
Ist der mit Abstand coolste Kerl im ganzen Laden, zumindest hält er sich dafür. Kleidet sich extravagant, der eine (da standen zwei vorn) hatte an diesem Abend eine Kuhflecken-Weste an. Macht obszöne Gesten ins Publikum und animiert das Publikum, als hätte er die Musik, die da aus den Lautsprechern dröhnt, selbst komponiert. Schlurft gelegentlich über die Tanzfläche, um die Bar anzusteuern. Lässt sich auf dem Weg zum Tresen und zurück an die Regler betont viel Zeit, um für Fotos mit Besuchern zu posieren und die Lage an der Frauenfront zu checken. Hat locker-lässig einen zweiten Strohhalm in seiner Limonade baumeln, an der dann ausgewählte Gäste auch mal lutschen dürfen. Sehr obszön das Ganze. Dafür ist er dann glaub ich mit so ner extrem aufdringlichen Tussi abgezogen. Tja, Pech gehabt, Alter!

Männer versus Frauen
Da kann man sagen, was man will: Die Frauen sind einfach die besseren Tänzerinnen. Was bei denen so extrem locker aussieht, würde den Mann zur Verzweiflung bringen. Einfach ein Körpergefühl, das uns wohl ein bißchen abgeht. Deswegen haben die Frauen einfach ein gutes Argument, wild mit den Männern knutschen zu dürfen. Eine Kollegin hat echt mit mehreren ... na ja, soll sie. Allein ist sie bestimmt nicht nach Hause gegangen. Der Mann von Welt hat dieses Tanzstil aus Ferienlagerzeiten verinnerlicht: und vor, und zurück, zur Seite ... usw. Alles ein bißchen ausrechenbar, außer bei denen hier:

Die Profis
Nach zwei Stunden kamen wie auf Kommando drei Profis auf die Tanzfläche. Ich nannte sie so, was meine osteuropäischen Komplizinnen auf dem Nachhauseweg mit schallendem Gelächter in Frage stellten. Zumindest hatte ich sofort gesehen, dass die so Viva-Moves draufhatten und echt virtuos über die Tanzfläche stolperten. Na ja, der eine war ein kleiner Dicker, der hatte so kurze Beine, der ging nur ein bißchen in die Knie und hockte also fast auf dem Boden. Aber den Jungs kam auf jeden Fal ihr jahrelanges Boxtraining oder der Salsa-Volkshochschulkurs extrem entgegen. Einer von den dreien hatte eine Blondine mitangeschleppt, und was die beiden da machten, das war schon mehr als nur Tanzen. Das war schmutzig, quasi "Dirty Dancing" in Reinkultur: Ineinander gewunden schmiegten sich ihre Körper aneinander, bis die Leidenschaft explodierte und der Tanzboden vor Leidenschaft in Flammen stand.

Mein Tanzstil
Wie fragte mich mein Freund Fred zu Anlass von Markus´Riesenparty: "Du bist jetzt auch eher nicht so´n begnadeter Tänzer , oder?" Das hatte er messerscharf erkannt. Ich sage nur: die gute alte russische Tanzschule. Das Bemühen kann man mir nicht absprechen, und hätte es ein verborgenes Motiv unter dem Boden gegeben, ich hätte es garantier mit meinen vielen Tippel-Schritten freigerubbelt.

Die Foto-Jünger
Wer, wie diese beiden pummeligen Ausgaben der Sorte Frau, die in der Mitte des Dancefloors nach Aufmerksamkeit hechelten, nach drei Stunden merkt, dass er sich im Kreis dreht - die hätten sich ne Spritze in den Arm jagen können und keiner hätte von ihnen Notiz genommen - der greift dann, wie viele Disco-Gänger, zur Digitalkamera und macht wild Fotos, um zu dokumentieren, was für einen geilen Abend er/sie da wieder mal erlebt hatte.

Die Moral von der Geschicht
War ne prima Abwechslung, ich hab zwischendrin zwar den Takt der Straßenbahn ermittelt, weil die oben durchs Fenster zu sehen war, aber trotzalledem hat´s Spaß gemacht. Lag aber eher an meinen Mitstreiterinnen, die echt ein sonniges Gemüt haben und viel lachen. Allein macht ein so ein Tanzabend - wenn man allein bleibt - wohl eher sentimental bis depressiv.

Thursday, November 09, 2006

Password Swordfish


Es sollte wider Erwarten doch ein guter Tag werden gestern. Zwar habe ich meine beiden Urlauberinnen seit zwei Tagen nicht zu Gesicht bekommen, aber morgen Abend wollten wir ja zusammen zum Balkanmusik-Fest. Wo ja immerhin eine Kommilitonin auflegt (DJ Lepa), die ich zwar nur alle drei Jahre mal treffe, die s aber echt draufhat. Da kommen innere Größe, Persönlichkeit und Ausstrahlung mal ganz locker zusammen. Respekt. Da hatte ich mich mit ihr unterhalten, als die drei Jahre mal wieder frisch rum waren, und hörte mir so zu und dachte: Mann, Alter, jetz hör doch mal uff rumzuheulen. Mach ich auch gleich. Russisch lernen - kein Problem. Täglich aufräumen - ein Kinderspiel. Täglich eine gute Tat: ich bin dabei. Einmal am Tag lachen: von mir aus.

Gestern habe ich wohl sogar, was den letzten Punkt angeht, ein bißchen was für die nächsten Tage zur Seite gelegt, konnte also ein bißchen sparen. Was haben wir gelacht?, René und ich, die wir uns in der Mediothek des Sprachenzentrums zur ersten Sitzung unseres persönlichen Marx-Brothers-Seminars trafen. Das war übelster Klamauk, verbunden mit unsagbar lustigen Szenen, tollen Gesangseinlagen, der obliagatorischen "Harpo besteht auf seinem Harfensolo-"Nummer und einigen phantastischen Wortwitzen. Von denen ich wohl die Hälfte verpasst habe. Ein Blick zum Nachbarn, der konnte manchmal helfen, manchmal schaute auch er blöd aus der Wäsche. Aber wohl gibt es ein zwei Szenen in "Horse Feathers" (grad nachgeschaut; Übersetzung: Blühender Blödsinn", das passt irgendwie), die man immer abrufbereit haben sollte. Einmal die Szene, als sich Groucho und Chico an der Tür um das Passwort streiten Password swordfish, und dann die Szene, als Groucho anfängt wie ne Ente zu reden. Aber auch Harpo ist herzallerliebst, wenn er aus seiner Tasche mal wieder irgendeinen Gegenstand zaubert. Oder die Fahrt im Einspanner über das Football-Feld. Ja, es war so viel, dass ich den Film wohl ein zweites Mal anschauen muss. Wir haben wohl mit unserem ständigen Lachen die anderen Leser auch bespaßt, die neugierig nachfragten, was wir denn da schauen würden. Einer kam vorbei, dem haben wir die Kassetten-Hülle in die Hand gedrückt, und er hat genickt, und auch die Bibliothekarin hat uns nach dem Grund für unser nahezu ununterbrochenes Gelächter gefragt. War prima, vielleicht wächst die Seminargruppe ja noch.

Jetzt greife ich mir den Essay, hurra, und dann widme ich mich mal wieder den Osteuropäerinnen, dann putz ich ne Runde, und dann les ich noch was. Lachen muss ich zum Glück nicht mehr, hab ich ja eben schon.

Monday, November 06, 2006

Mein Pflichten als Hotelier


Wenn morgen die beiden Urlauberinnen aus dem Baltikum vorbeikommen und am Wochenende der André - und dann auch hoffentlich auch irgendwann wieder gegangen sind - dann war meine kleine Wohnung die gesamten letzten zwei Wochen komplett belegt. André ist wahrscheinlich allein, so dass ich ihm noch irgendjemand Fremdes ins Bett legen kann. Lang lebe die Quote.

Als ich gestern die beiden Südamerikannerinnen verabschiedete, mich für ihre Geschenke bedankte und ihnen versicherte, dass sie unkomplizierte und freundliche Wesen wären, machte ich danach die Tür zu und ging erst einmal ins Badezimmer, wo ich erstmal genüsslich im Stehen die Toilette anvisierte. Das gute an diesem Hospitality Club ist ja einfach, dass man die eigene Wohnung vor dem Eintreffen der Gäste immer mal so richtig saubermacht. "Sorry, das ist jetzt alles ein bißchen unordentlich, aber ich hatte einfach gar keine Zeit!" lügt man den Neuankömmlingen dann gleich zu Beginn mal gern die Tasche voll.

Leider habe ich Thamy und Gina gar nicht gefragt, wie lange sie noch brav auf den kalten Treppenstufen vor meiner Tür verharrt hätten oder was sie unternommen hätten, um mich zu wecken, da ich ihnen den Schlüssel für ein zusätzliches Türschloss vorenthielt, was ihnen sonntags morgens um halb fünf beinahe zum Verhängnis geworden wäre. Aber ich war ja wach, so dass mich die Geräusche an der Tür an meine Pflicht erinnerten.

Saturday, November 04, 2006

Spucken

Die Kinder in meiner Nachbarschaft haben eine neue Beschäftigung entdeckt: Als ich gestern an der Straßenbahnhaltestelle wartete, um von meinen Eltern nach Hause zu fahren, beobachtete ich vier Halbwüchsige, wie sie in fliegendem Wechsel aufeinander zurannten, sich voneinander lösten, auf die Straßenbahnschienen sprangen, und sich dabei immer wieder mit Verve ins Gesicht spuckten. Also nicht aus der Distanz, sondern auf auf Vier-Augen-Gesprächs-Höhe.

Nun mag ich doppelt so alt sein, und auf die alten Tage vielleicht auch einen anderen Blick auf die Welt entwickeln, aber ich glaube, auch in meinen guten alten Tagen hätte ich über dieses sonderbare Verhalten nur ungläubig den Kopf geschüttelt. Sicherlich, es ist auch nicht unbedingt witzig, Spinnen ihre unzähligen Beinchen auszureißen, Frösche aufzublasen oder Mädchen unter den Rock zu schielen, aber der Spaß, einem anderen ins Gesicht zu rotzen, bleibt mir auf den ersten Blick verborgen.

Was denken sich die Dreikäsehochs als nächstes aus? Nachbar´s Blindenhund einen Sprengstoffgürtel umschnallen; die Entführung des Postboten; eine kleine Sause im Kaisers-Supermarkt (Getränke gehen aufs Haus)?; der eigenen Katze ein Bein absägen und den Film über´s Mobiltelefon an Freunde verschicken oder weigern sie sich einfach mal zu wachsen? Soll es ja alles schon gegeben haben.

Sie ist eine schwere Zeit, diese Pupertät. Und für manche Jungs scheint sie nie zu Ende zu gehen.

Friday, November 03, 2006

Volkszählung


Langsam glaube ich an gar nichts mehr.
Ich komme mir ein bißchen vor wie Jim Carrey in der Truman-Show, der erst mit dem Moment des zu Boden gegangenen Scheinwerfers ahnt, dass er Teil einer anderen Welt ist.

Kann ich mir so erklären, dass sich viele meiner Freunde seit ewigen Zeiten nicht mehr bei mir gemeldet haben? Muss ich davon ausgehen, mein Projekt als gescheitert zu betrachten? Muss ich demnächst mit jedem Eintrag auch den kleinen nordkoreanischen Jimmi begrüßen? Macht es sich die Community vor´m Rechner bequem uns schmult uns Nutzern mal eben auf den Schirm?

Das allein wäre wohl nicht so schlimm, denn schließlich dient das Internet ja auch der Kommunikation. Aber ich will doch zu einem gewissen Grad selbst steuern, wer Sachen lesen darf und wer nicht. Wer an meinem Leben teilhaben darf und wer nicht.

Herr Eppelsheimer, habe ich ihnen nicht gesagt, dass sie den Grammatikkurs bei Frau Hermann besuchen, weil sie sonst wieder Probleme haben werden, die Prüfung zu bestehen? Und dass sie diesmal ein ganzes Semester durchhalten, und nicht auf halber Strecke schlappmachen und sich stattdessen in der Videothek mit den italienischen Erasmus-Studentinnen anfreunden?
Herr Deth, mein allseits geschätzter Russisch-Pauker, den seine russischen Freunde Rudi nennen dürfen, weil ihnen Rüdiger zu schwer ist.

Spatz, meinst du, wir finanzieren dein Studium, arbeiten uns den Rücken krumm, fahren seit sechs Jahren immer in den selben Urlaubsort, nur dass Du Dein Studium einfach nicht ernst nimmst und jetzt, wo du doch bald 30 bist, immer noch nicht fertig bist, und dich mit Gedanken trägst, von denen Du denkst, dass wir davon noch nichts wissen?
meine beiden Eltern, die denken, ich wär ne Leuchte an der Uni und hätte alles checkermäßig im Griff

Junger Mann, natürlich beobachten wir sie immer, wenn sie frühmorgens den Laden betreten, immer die Sportzeitungen zuerst lesen, dann die Tageszeitungen durchblättern, sich ab und zu etwas notieren, um dann doch nichts zu kaufen, und dann um viertel vor neun eiligen Schrittes ihre Bahn in Richtung Potsdamer Platz zu nehmen
die freundliche Verkäuferin im Ludwigs-Presseshop am S-Bahnhof Friedrichstraße, die ab und zu kritisch ihre blätternden Kundinnen abscannt

Vielleicht wäre es wirklich einfacher, wenn die Leute, die hier lesen, kurz Hallo sagen. Ist auch für mich einfacher: Dann weiß ich, wem ich was vom Pferd erzählen kann und wer informiert ist.

Die Realität hat mich eingeholt



Da saß ich gestern auf der Couch, und noch bevor ich mir ein paar Gläschen Eierlikör einpfeifen konnte, und meine Aufmerksamkeit ganz und gar den Urlaubsschilderungen widmen konnte, wurde ich übel erwischt. Streifschuss. Lasst mich ruhig hier liegen, kümmert euch nicht um mich, Hauptsache, ihr zwei erreicht die Stadt. Vielleicht kann ich noch einen von den Schurken zur Strecke bringen. Grüßt meine Frau,sagt ihr dass ich sie nur des Geldes wegen geheiratet habe. Und schickt den Jungen wenigstens fünf Jahre in die Schule, dann kann er immer noch in den Wilen Westen gehen.

Denn bevor Adina und Volkmar in ihren Vorträgen höchst unterschiedliche Sachverhalte zur Sprache brachten (Adina war mit ihrer 80-jährigen Oma in einem dreiwöchigen Schicki-Micki-all-inclusive-wir wollen-ein-besseres Hotelzimmer-Urlaub, der fast zu einhundert Prozent von der rüstigen Seniorin finanziert wurde, die sich einmal fast verlief, einmal fast ertrank, bevor sie ein kleinwüchsiger David Hasselhoff-Verschnitt aus dem tosenden Meer retttete, und einmal machte nur die wohlschmeckende Reiseapotheke (Alkohol?) ihren heroischen Kampf gegen die hartnäckige Lebensmittelvergiftung zu einer beiläufig erwähnten Begebenheit ihres dreiwöchigen Vietnam-Aufenthalts; das eingentlich fatale: sie wusste nicht immer, wo sie war, was sie aber nicht davon abhielt, mit dem ein oder anderen Senioren herumzuschäkern; Volki hingegen versuchte die Anwesenden von seinem sechsmonatigen Arbeitseinsatz in England mit möglichst nichtssagenden Bildern zu langweilen, die er in rasantem Stakkato über den Bildschirm jagte. Ich fahre trotzdem nach England.),
musste ich einen emotionalen Ententanz hinlegen, der mich schier aus der Bahn warf.

Dabei begann alles ganz harmlos: Die Frage von Juliane konnte ich noch parieren ("Ja, ja, ich hab so´n Blog, ich schreib da so vor mich hin, liest keiner sonst"), dann brach ein Orkan von der Stärke eines unterirdischen nordkoreanischen Atombombentests über mich herein. Tobias leitete das Beben ganz sanft ein: "Ja ja, das sind so zwanzig Sachen, da muss man sich so einlesen." Da hätte ich schon mal stutzig werden können, da auf meinem deutschsprachigen Anhalter-Blog nicht mehr als fünf Geschichten stehen. Aber anstatt zu stutzen, kurbelte ich mich elegant in den Untergang: "Und, Tobi, wie fandest du deine Geschichte?" hielt ich das Gespräch am laufen. Aber da Tobias zu diesem Zeitpunkt schon etwas von dem Portwein intus hatte, überging er meine Frage glatt. "Ja, ja, die WM-Sachen fand ich ganz gut, auch die Sache mit der Badehose war okay." Da ist mir komplett die Steuerung aus der Hand gepurzelt. Ich wusste, dass er da Sachen sagt, die ich erlebt hatte, aber die er eigentlich gar nicht wissen konnte. Und als Volkmar dann auch noch fröhlich nachschenkte: "Ja, ja, und dann ja noch das mittlere Bein der Hummel." , da hatte ich endgültig verloren. Ruhm, Ehre, Ansehen, Kollegialität, Verschwiegenheit. Meinen Namen.

Spätestens da wusste ich, dass die Sachen einmal komplett an mir vorbeigezogen waren. In einem Höllentempo, ein für alle Mal. Keine Chance zur Korrektur. Das war nicht mehr lustig, da hatten Leute in nem Blog gelesen, der erst ab März 2007 freigegeben werden sollte, was eigentlich gar nicht für sie bestimmt war. Zumindest jetzt nicht. Ich brauchte doch noch etwas Vorsprung. Das ist, als wenn man im Zahnarztstuhl sitzt, der Mund blutet, die Wirkung der Spritze lässt langsam nach, man freut sich, das Schlimmste überstanden zu haben, und noch einmal mit dem Leben und einem Stempel im Bonusheft davongekommen zu sein, und dann eröffnet einem die Zahnärztin, das es das noch NICHT gewesen ist. "So, lieber Herr Eppelsheimer, dann wollen wir mal sehen, ob sie sich nicht nur den Mund ordentlich geputzt haben, sondern sich auch untenrum saubergemacht haben." Und der bange Blick des Patienten, der mit angstvollem Blick nur noch mehr Blut in den Ausguss würgt, wird an dieser Stelle nur allzu gern ignoriert. "Herr Eppelsheimer, wie sie ja wissen, führt ihre Krankenkasse ja gerade die happy-untenrum-weeks durch, und da haben sie jetzt eine kostenlose Darmspiegelung gewonnen."
Und da man in so einem Moment seine Freude nur sehr verhalten zeigen kann, hängt man nur noch apathisch im Stuhl. Da ist es einem auch komplett egal, ob man einen Schlauch schlucken muss oder die Schwester Erika mit fiesem Grisen den Riesen-Gummihandschuh überstreift.

Genauso habe ich mich am gestrigen Tag gefühlt. Gewiss, ich übertreibe etwas, aber mein Innerstes habe ich so unbewusst nach außen gekehrt. Nur weil diese Blogs irgendwie verlinkt sind. Das war kein schönes Gefühl. Nein, das war es nicht.