Die Achse des Bösen

"Und sehen wir uns nicht in dieser Welt, dann sehen wir uns in
Bitterfeld!"Vor zwei Tagen bin ich mit einem Freund in dessen Auto zum Hallenfußball gefahren. Als wir gerade am uns unterhalten waren und er mit dem Auto eine Rechtskurve nahm, wurde er plötzlich laut: "Da, siehste, schon wieder einer. Die sind überall!"
Und als ich noch überlegte, was seine Erregung denn hervorgerufen haben könnte und was ihn denn in diesem Moment geärgert hatte, starrte er noch immer ganz gebannt auf das Auto vor uns. Aber mir fiel nichts auf: blaue Farbe, die Marke habe ich nicht erkannt, okay: die Rückleute sah vielleicht etwas merkwürdig aus; aber deswegen gleich Panik kriegen?
Ich schaute also zum Fahrer, der dann auflöste. Die drei Buchstaben zum Glück: "BTF", krähte er.
Aber natürlich: Er arbeitet ja in Wolfen, also ganz in der Nähe von Bitterfeld, der größten Industrie-Dreckschleuder in der DDR. Da kommen schon mal heimatliche Gefühle auf.
Im Sommer waren wir zu dritt auf unser viel besungenen Dunkel-Deutschland-Tournee: Berlin-Wolfen-Bitterfeld-Dessau.
Wolfen, Bitterfeld, Dessau. Die Achse des Bösen, das Guantanomo des real existierenden Sozialismus.
Das war schon ein Augenschmaus, als wir ein ganzes Wochenende die Gegend dort bestaunten. Plattenbauten, die auch um fünf Uhr morgens wie "Bonjours, tristesse!" aussahen; Bürger, die zum Lachen in den Keller wanderten und nur samstags den Ballonseideanzug gegen die Ausgehuniform eintauschten; Kinder, die mit mit dem "Völkischen Beobachter" unter´m Arm die Straße entlangmarschierten; und die Motorisierten parkten bei Kaufland allesamt nur vorwärts ein.
Es war in diesem Jahr der einzige Ausflug für mich, deswegen fand ich es klasse. Meine beiden Begleiter, die beide fern der Heimat ihren Geschäften nachgingen, haben sich in traurigen Geschichten übertroffen. Da hatten sich zwei gefunden ...


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