Monday, February 11, 2008

Golden Goal

Die schönsten (wahren) Fußballgeschichten aller Zeiten. Golden Goal

Manchmal denken sich Fußballfunktionäre Dinge aus, die so schön sind, dass man es als Fan kaum fassen kann. Sie haben nicht sehr viel mit Fußball zu tun, aber das macht nichts, denn irgendetwas müssen Funktionäre ja tun, wenn sie so zusammensitzen in Zürich, Genf oder am Tresen. Und so haben sich die Funktionäre der FIFA irgendwann das großartige "Golden Goal" ausgedacht, also: Wenn in der Verlängerung ein Tor fällt, ist Schluss. (...)
Schon der Beginn des GGs war phantastisch. Erprobt wurde es 1994 im Rahmen der karibischen Fußballmeisterschaft, dem sogenannten "Shell Cup". Wenn schon, denn schon: Dort wurde entschieden, auch bei unentschiedenen Gruppenspielen aus Spaß eine Verlängerung mit Golden Goal dranzuhängen. Das Problem: In den Gruppenspielen geht es ums Torverhältnis, und weil es für eine Elf ja von Nachteil sein konnte, in dieser Verlängerung nur ein Tor erzielen zu können, wurde von den Funktionären erdacht, dass ein Golden Goal einfach doppelt zählt. Eine tolle Idee mit unvorstellbar wunderbaren Folgen.
In der Vorrundengruppe A trafen am 27. Januar 1994 Barbados und Grenada aufeinander. Barbados brauchte einen Sieg mit zwei Toren Vorsprung, Grenada wäre sogar mit einer knappen Niederlage weitergekommen. Dumm nur: sieben Minuten vor Spielende verkürzte Grenada in dieser Partie die 2:0-Führung von Barbados auf 1:2. Verzweiflung bei Barbados, denn dieses Ergebnis reichte ihnen nicht mehr - Grenada aber schon.
Und nun hämmerte es wohl in Spielern und Verantwortlichen: Was ist wahrscheinlicher? In sieben verbleibenden Minuten noch das heilsbringende 3:1 zu schießen, oder lieber in der Verlängerung auf ein Tor zu hoffen, und dann durch das Verdoppeln des Golden Goals automatisch weiterzukommen? Lange Rede, kurzer Sinn: Barbados begann nun, nicht nur das Tor von Grenada zu bestürmen, sondern je nach Spielsituation auch aufs eigene Tor zu ballern, um mit dem 2:2 die Verlängerung und die Chance auf ein Golden Goal zu erzwingen.
Grenada wiederum war somit in der misslichen Lage, nicht nur das eigene Tor verteidigen zu müssen, sondern auch das des Gegners. Das war schwierig - zu schwierig. Barbados gelang kurz vor Schluss ein absichtliches Eigentor zum 2:2. Damit ist die Geschichte allerdings nicht zu Ende, denn den Kickern aus Grenada ging auf: Was die können, können wir doch auch! Grenada hätte eine 2:3-Niederlage ausgereicht, also waren sie jetzt in der Situation, auf beide Tore gleichzeitig zu stürmen, und plötzlich musste Barbados zusätzlich zum eigenen auch das gegnerische Tor abschirmen.
Grenada verfügt vermutlich über eine eher unbedarfte Fußballelf, vor allem in der Offensive, und so kam es, dass sie es in den verbleibenden drei Minuten nicht schaffte, ins eigene Tor zu treffen, um dann mit einer absichtlichen, knappen Niederlage im Wettbewerb zu bleiben. Barbados rettete sich in die Verlängerung, traf dann ins richtige Tor, und somit endete das Spiel mit einem doppelt gewerteten Golden Goal 4:2. Barbados weiter, Grenada draußen.
Schön wäre, sich einmal die Archivbilder der letzten sieben Minuten anzuschauen: Zwei Fußballteams, die abwechselnd versuchen, irgendeines der beiden Tore zu treffen, während der Gegner verbissen das eigene und das gegnerische Tor verteidigen musste. Ein Leckerbissen für taktische Genießer. Und ein Musterbeispiel dafür, dass FIFA- Regeländerungen meistens sehr, sehr putzig sind. Außer, man interessiert sich für Fußball.

Arnd Zeigler: 1.000 ganz legale Fußballtricks. Baden Baden 2006. S. 76-78.

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