Wednesday, January 02, 2008

Vierschanzentournee

Die geheimen Tagebücher von Hansjörg Jäkle

22. 12., Bischofshofen

Beim Training heute gestoppte 6 Sekunden zu spät vom Schanzentisch. Mit anderen Worten, einfach runtergeplumpst. 5 m tief aber nur 0.5 m weit, kein Telemark, Noten zwischen 0 und 0.0. Bundestrainer Rudolf Hess hat gelacht als ich im Schnee lag. Das Schwein haßt mich, er hat mit der Fahne gewunken, als gerade Orkan Lothar von allen Seiten kam. In der Nacht mit Wille Kantee geschlafen und dabei an Miyahira gedacht.

23. 12., Garmisch-Partenkirchen

Habe heute Morgen vor der Qualifikation mit Miyahira geschlafen aber dabei an Wille Kantee gedacht. Bin ständig unzufrieden. Hatte ausgerechnet während des Probesprungs eine 2-Sekunden-Erektion, sodaß es in der Videoanalyse nicht wie ein V sondern wie ein W aussah. Außerdem massive Anlaufgeschwindigkeitsprobleme. War langsamer als der Schanzenhausmeister, der parallel zu mir die Treppen runter ging!

5. 1., Innsbruck, Bergisel

Habe gestern Nacht mit Miyahira und Wille Kantee geschlafen und dabei an Jussi und Matti Hautamäki gedacht. Meine Schi sind katastrophal gewachst, bin 5 m vorm Schanzentisch stehengeblieben. Dann ist mir von hinten Primoz Peterka reingeknallt, dadurch bin ich doch noch runtergefallen und mit 2 m in die Wertung gekommen. Noch keine müde Mark verdient heuer. Die Sponsoren wollen mir die Schi wegnehmen. Na gut, dann werd ich halt runter laufen müssen!
Hinterzarten, 16. 1. 2000

Bin in der Quali heute aus lauter Unkonzentriertheit auf der Hinterseite der Schanze runtergesprungen. Bin in den Wald geplumpst, ich Esel. Alle haben mich ausgelacht. Habe erfahren, daß RTL meine Sprünge nicht mehr übertragen will, dafür hat sich aber die SAT1-Wochenshow die Rechte an meinen Sprüngen gesichert. Mein Selbstbewußtsein ist im Keller, nachdem ich bei einem Prominenten-Benefiz-Juxspringen gegen Ottfried Fischer verloren habe. Die Einnahmen kamen übrigens mir zugute. Habe durchs Springen heuer erst 48 Mark 50 verdient. Der DSV hat mir den Springeranzug weggenommen, weil ich, wie es in einer Presseerklärung heißt, den Sport angeblich ins Lächerliche ziehe! Springe jetzt mit dem warmen Fischgrätmantel meines Schwagers.

Oberzarten, 17. 1. 2000

Habe heute die Anlaufspur zerstört, weil ich im V-Stil runtergefahren bin. Anschließend in der Luft den Telemark gemacht. Krieg den richtigen Bewegungsablauf nicht mehr hin! Immerhin 8½ m, allerdings gestürzt, weil sich der Fischgrätmantel um die Schier gewickelt hat. Die FIS hat heute beschlossen, daß, wenn ich im Wettkampf über 9 m springe, die Jury sich zusammensetzten muß, um den Anlauf radikal zu verkürzen. Ich weiß nicht, ob ich lachen oder weinen soll. Bin aufs morgige Springen gespannt, der DSV hat mir gerade die Schi weggenommen. Versuche es morgen zum ersten mal mit 2 Pfannen von meiner Schwägerin.

Unterzarten, 18. 1. 2000

Bin aufgeregt, bin gleich dran. Mein Gegner im K.O.-Springen ist dieses lächerliche Maskottchen, ein geistig behinderter Rentner im Bärenkostüm. Nachdem mir der DSV auch Helm und Handschuhe weggenommen hat, mußte ich umdisponieren. Um meinen Kopf zu schützen, hab ich die Dunstabzugshaube meiner Schwägerin aufgesetzt. Statt der Handschuhe hab ich mir 2 Zigarettenpackungen auf die Hände gesteckt, dazu der Fischgrätmantel und die 2 alten Pfannen. Es kann losgehen. Muß jetzt noch mal im Geist den Bewegungsablauf durchgehen. Also: im Telemark runterfahren, am Schanzentisch die Hocke machen, und im V-Stil landen, oder? Scheiße. Ich weiß es nicht mehr, und ich trau mich nicht zu fragen! Komm Jäkle, einfach runter!


Tagebücher von Christoph Grissemann und Dirk Stermann. Quelle: http://stud3.tuwien.ac.at/~e9527429/.

0 Comments:

Post a Comment

<< Home