Ein Brief von Marlen
Lieber Sven,du glaubst nicht, wie schön es hier ist. Am liebsten würde ich die nächsten Wochen oder besser noch den ganzen Sommer hier bleiben. Was für ein Leben, die Haut riecht nach salziger Meerluft und Sommer, den ganzen Tag ist man unterwegs und durchstreift die leuchtend gelben Rapsfelder, spaziert den Strand entlang, läßt sich von jedem geschliffenen Stein eine Geschichte erzählen.
Mecklenburg ist wunderschön, ich bin ganz verliebt in die Kastanienalleen und die ursprüngliche Landschaft. Was für ein Erlebnis, wieder nachts Glühwürmchen zu sehen, Grillen zirpen und Frösche quaken zu hören. Und Millionen Sterne am Himmelszelt, die man am Berliner Himmel nicht mehr sehen kann. Natur pur. Das hat mir doch sehr gefehlt, wie mir mit einem Schlag bewusst wurde. Ich genieße es sehr, dass die Freunde da sind, ebenso aber auch, dass man tagelang allein umherstreifen kann, wie ein Kind auf Entdeckungstour.
Glück erfährt man wirklich nicht am Schreibtisch, sondern mit baumelnden Beinen an der Steilküste, vor sich die weite See. Wo es so viel zu entdecken gibt, Ameisen bauen sich Babel´sche Türme, Fischreiher ziehen Kreise, eine dicke Kreuzspinne webt ein Netz, das in der Sonne glänzt.
Es ist schön, wieder loszulassen, Zeit zu haben. Das Herz ist offen und das Leben darf hinein. Es zeigt sich freundlich, vielleicht als ein Wink. So schwer ist es gar nicht mit dem Glücklichsein, man muss nur schauen, womit man sich wohl fühlt.
Momentan atme ich tief ein, pumpe die Lungen voll Ostseeluft, um gestärkt wieder nach Berlin zu fahren. Alles erscheint klar und leicht: Ich bin ich, das ist gut so, das das Leben meint es gut mit einem, wenn wir es gut mit uns meinen. Die vielen Anforderungen, die gar nicht meine sind, werden von Bord geworfen, damit die Reise unbeschwert weitergehen kann.
(...)
Bin wieder total neugierig auf alles und jeden, die Tage scheinen einem wieder zu Füßen zu liegen, anstatt dass man ihnen hinterhereilt. Ach Sven, ich weiß, dass ich schrecklich überschwenglich bin. Vielleicht ist mir der viele Rapsduft in die Nase gestiegen und noch mehr ins Gehirn. Natürlich ist dieser Brief nur eine Momentaufnahme, aber im Moment bin ich nicht zu zügeln, könnte Purzelbäume schlagen, weil so viele Sachen noch zu erleben sind.
(...)
So, jetzt ist mein Briefschreibeanfall vorbei und Du bist erlöst, krakelige Schrift auf zu kleinem Briefpapier zu lesen und dich mit Marlenchens Seelenleben auseinanderzusetzen. Trozdem macht es Spaß, Dir zu schreiben. Also, genieße die Tage -
Alles wird gut
Marlen


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