Tuesday, April 24, 2007

Kirschen essen mit Günter

Am nächsten Tag ging ich ins Hotel Bristol, wo Grass gegen 15 Uhr auf mich warten sollte. Um diese Zeit war die Hotelhalle leer, nirgends ließ sich ein westdeutscher Schriftsteller blicken. Nur ein einziger Sessel war besetzt, in dem saß aber ein Mensch, der nicht hierher passte. (...) Plötzlich riss er sich zusammen und schritt auf mich zu. Ich erschrak. Aber nicht sein mächtiger Schnurrbart war es, der mir Angst einjagte, sondern sein Blick, sein sturer und starrer, ein gläserner, ein beinahe wilder Blick. Mit dem, dachte ich mir, ist nicht gut Kirschen essen, den möchte
ich nicht auf einer dunklen Straße treffen, der hat wohl in seiner Hosentasche wenn auch nicht einen Revolver, dann doch ein Messer.

Marcel Reich-Ranicki: Günter Grass. Aufsätze. Zürich 1992. S. 159.

Saturday, April 21, 2007

Tor mit Seltenheitswert

So ein Tor schießt man nur ein Mal in seinem Leben: Lionel Messi im Spiel seines CF Barcelona gegen Getafe, ich im Workcamp in Frankreich auf dem Kleinfeld unseres Sportplatzes. Lionel in teuren Fußballschuhen, ich in meinen abgetragenen Stoffsportschuhen.

Lionel übersprang bei seinem Tor einige ihm entgegen- und hinterhergrätschende Beine, ich schoss den Gummiball (!) quasi aus dem Stand ins linke Dreiangel. Hat sich toll reingedreht, der französische Torwart war ohne jede Chance. Nur gibts leider kein Video von diesem Tor.

Von Messi schon. Das gönne ich ihm auch, ein großartiger Fußballer, der bei der WM die Deutschen rausgekickt hätte, aber nicht mitspielen durfte im Viertelfinale. Gab´s das nicht schon mal?
Nur meine beiden Mitspieler haben damals ungläubig den Kopf geschüttelt und mir gratuliert: Cyril aus Frankreich und Tolgay aus der Türkei. Zu Messis Tor haben sich ein paar mehr Augenzeugen euphorisch geäußert.

Friday, April 20, 2007

Von Scheiterer zu Scheiterer

Da habe ich mich in der mündlichen Zwischenprüfung über Grass und den Dadaismus in einer Form ausgelassen, die meinem Prüfer gar keine andere Wahl ließ, als mir eine 1,0 zu geben.

Und was lerne ich in der Nachbereitung? Er, der nach meiner Prüfung Tränen der Rührung in den Augen hatte, schrieb vor 15 Jahren ein Buch folgendes Titels: "Ästhetik des Scheiterns. Studien zu Erzähltexten von Botho Strauß, Jürgen Theobaldy, Uwe Timm u.a.".

Wahrscheinlich ein großartiges Buch...

Wednesday, April 18, 2007

Dem Ziel vor Augen

Wenn das alles so läuft, wie ich mir das vorstelle, dann bin ich in drei Monaten in zwei von drei Fächern scheinfrei und im dritten zumindest im Hauptstudium angelangt. Da müsste ich jetzt nur noch durchhalten.

In der ersten Woche des Semesters habe ich schon mal eiserne Disziplin bewiesen. Na ja, in den ersten drei Tagen, um korrekt zu sein.

Ich glaube, ich bin auf einem guten Weg.

Friday, April 13, 2007

Das hat er nun davon


Thursday, April 12, 2007

Das richtige Frankfurt

Warum nicht ein Gedicht über den Haufen Scheiße, wie Gott ihn fallen ließ und
Calcutta nannte. Wie es wimmelt, stinkt, lebt und immer mehr wird. Hätte Gott
einen Haufen Beton geschissen, wäre Frankfurt rausgekommen.

Günter Grass, Der Butt

Wednesday, April 11, 2007

John Lennon?

Wer in einer Zwischenprüfung den Onkel nicht kennt, der der deutschen Literatur so viel Gutes geschenkt hat, der hat an einer Eliteuniversität einfach nichts verloren.
Give peace a chance, John!

Thursday, April 05, 2007

Friedrichshagen

Und so kommt mir die ganze Welt da draußen vor, klein und sauber. Es ist natürlich total ungerecht, Friedrichshagen mit New York zu vergleichen, aber was soll ich machen. Mir fehlt New York, obwohl es wirklich nicht so besonders zuvorkommend war. Mir fehlen Chuck und Sam, aber auch die Leute auf der Straße, die rennen, aber sich nicht anrempeln, die Männer mit den feuchten Scheiteln und den billigen Schuhen, die bunten Gesichter in der Subway, Matt, der die Stadt sondiert und sogar diese eleonor aus dem Chelsea Hotel, die lächelt, auch wenn´s
nichts zum Lächeln gibt. Dagegen kommt mir Friedrichshagen vor wie der Taxifahrer, der mich ins Chelsea Hotel gefahren hatte. Es kommt einfach nicht vom Fleck.



(Alexander Osang: Lennon ist tot, Fischer 2007. S. 301)

Chelsea Hotel


Er saß da in New York stundenlang an meinem Bett, und wir haben uns unterhalten, so viel, dass es mir schon zu viel wurde. Ich meine, wer will wirklich mit seinem Vater über alles reden. Kein vernünftiger Mensch will das. Eine Sache aber war interessant. Er hat mir erzählt, dass er die Chelsea-Hotel-Kassette gar nicht mochte. Er hat mir eine Kassette mit Musik
aufgenommen, die ihm nicht gefiel, darauf muss man erstmal kommen.

(Alexander Osang: Lennon ist tot, Fischer 2007, S. 295.)

Jammermusik


Jedenfalls schien es mir der richtige Augenblick zu sein, endlich die Chelsea-Hotel-Kassette zu hören, die mir mein Vater mitgegeben hatte. Ich stellte den Sony-Recorder auf den Tisch, legte die Kassette ein und nahm die kleine Pappe aus der Plastikschachtel, auf die mein Vater in seiner Doktorschrift die Titel eingetragen hatte. Dann drückte ich auf den Startknopf. Es war eine Enttäuschung, natürlich, es war genau die Musik, vor der ich mich gefürchtet hatte. Jammermusik. Ich wollte zum nächsten Titel skippen, aber es war ja eine Kassette, also hörte ich mir den ganzen ersten Song an, die nörgelnde Stimme von Bob Dylan, die Mundharmonika, alles. Dann kam Jimmy Hendrix, ein endloses Rumgeschrammel auf der Gitarre, Leonard Cohen klang wie ein Moderator vom Spreeradio, Joni Mitchell wie Minnie Mouse, die Sex Pistols wie besoffene Herthafans, die Doors wie eine Nachtbarkapelle. Ich kam mir vor, als wäre ich in einen Tanzabend meiner Eltern geplatzt.
Ich sah über den Recorder hinaus in den Wald und dachte daran, wie mir mein Vater mal ein Fußballspiel-WM-Spiel gezeigt hatte, das er im Dritten Program aufgenom-men hatte. Es war Deutschland gegen Italien, irgendwann in den 70er Jahren, angeblich das beste Spiel aller Zeiten. Es war unfassbar langsam, niemand bewegte sich, sie standen herum und spielten sich den Ball zu wie bei einem Kickfußballspiel. In dem Moment, in dem ich dazukam, spürte mein Vater das auch, glaube ich. Aber er ließ sich nichts anmerken, wie ich auch nicht.
Genauso war das jetzt, nur dass mein Vater nicht dabei war. Kurz bevor John Lennon an der Reihe war, dachte ich daran, den Recorder auszuschalten, (...)

(Alexander Osang, Lennon ist tot, Fischer 2007, S. 195f.)

Muschihaare


Das nächste Album war aus Mexiko, staubige, bräunlich gelbe Ebenen, ein Pool, in dem eine mittelalte Frau im Bikini saß, sie hatte einen weichen, braunen Bauch und war vermutlich die sexuell jute Frau. Daneben Notizen und kleine Zeichnungen, hier und da hatte Hans auch einen getrockneten Skorpion eingeklebt. Kleine gelbliche Insekten, die ziemlich ungefährlich aussahen. "Dit wimmelt da nur so von die Scheißviecher", sagte Hans. Auf einer Seite hatte er mit Tesastreifen ein paar dunkle, kringlige Haare eingeklebt. "Muschihaare von Maria", sagte Hans, noch ein Beweis, ich blätterte schnell weiter.

(Alexander Osang: Lennon ist tot. Fischer Verlag, 2007, S. 108)

Tuesday, April 03, 2007

Nepal sei Dank

Da habe ich von meinem alten Nepal-Meister vor kurzem eine Mail bekommen, dass er Papa geworden sei und jetzt ist auch noch Frieden im Land.

Das sind doch fürwahr gute Nachrichten. Und ich denke noch immer gern an die Zeit in Pokhara zurück, als ich mir von meinem umsympathischen Guide auf der Zwei-Mann-Expedition die Blutegel aus allen möglichen Körperstellen herausziehen ließ.

Da müsste ich eigentlich mal was drüber schreiben.

Monday, April 02, 2007

Mutation

Da sitzst de in der Bibliothek, kannst dich nicht konzentrieren, kommst mit dem Lernen nicht voran, surfst ein bißchen auf spreeblick, liest weiter imBlog von Holger Klein, der dir schon als Radiomacher super auf die Eier gegangen ist, merkst aber, dass er gute Sachen schreibt und
plötzlich magst du sogar die Simpsons.

FriedensnoBOXpreis


Man muss nicht jedem nicht gesehen Boxkampf hinterhertrauern. RTL inszenierte und die Quote stimmte auch beim "Gesundheitsboxen" auf RTL. Und besonders rührend: Der "Bulletenverkäufer aus Frankfurt/Oder" (Jürgen Ahäuser, FR) gewann in der Seniorenklasse in der Wertung ohne Körperkontakt durch Punktrichterentscheid.