
Der G8 oder Das Dach der Welt
O seht, wie sie den Himmel tragen: /Der Everest voll stiller Macht/Seht weiß den Chimborazo ragen/Und den K2 und den G8.
G8, du Gipfel ohne Grenzen./G8, du bist das Dach der Welt./Seht ihr das Gipfelkreuz dort glänzen?/Georg Bush, der hat es aufgestellt.
O nein, jetzt kann ich's besser sehen: /Er ist es selbst, ist selbst das Kreuz./ Wir sehn ihn christusartig stehen, /die Arme breitend beiderseits.
Der Felsgrat da im Sonnenscheine/heißt Merkel und dräut steil und schwer./ Und da mit bröckelndem Gesteine/liegt das Geröllfeld Tony Blair.
Daneben gleißend und gefährlich/der Putingletscher tückisch glatt./ Dagegen wirkt, sei'n wir mal ehrlich, /die Harperwand ein wenig matt.
Den Klotz da rechts hat man vor Tagen/in Sarkozy-Fels umbenannt. Und da ragt lächelnd (könnt' man sagen) /die autoblanke Shinzo-Wand.
Darunter schimmert kurz ein Zipfel/des Sumpfgebietes Prodi auf. /O, welch ein Berg. O, welch ein Gipfel!/Und doch, wir können nicht hinauf.
Kein Mensch soll diesen Gipfel stürmen./Kein Mensch. Was sag ich? Keine Sau./Denn seht, schon hier im Tale türmen/sich Schroffen wie ein Drahtverhau.
Das sind die rauen Schäublemauern/Und quasi vorgelagert lauern/die Bullenklippen wie ein Schild.
Ihr Gipfelstürmer wollt nicht hören./Wird Zeit, dass ihr die Segel streicht./Ein solcher Berg lässt sich nicht stören. /Der trägt den Himmel. Und das reicht!
Klaus Pawlowski, taz vom 31.5.2007, S. 20, 50 Z.